Liquiditätsmanagement

Fremdkapital zu geringen Zinsen ist eine verführerische Alternative, entweder um einer Liquiditätsenge zu entkommen oder um anstehende Investitionen zu finanzieren. Ein Kreditvertrag mit festgeschriebenen Zinsen ist dabei allerdings nur eine trügerische Sicherheit.

Die Konjunkturdaten (Beschäftigungsquote, Bruttosozialprodukt, Bruttoinlandsprodukt) mögen ein gutes Bild abgeben; dem gegenüber steht die Staatsverschuldung – das ist die andere Seite der Medaille. Spitzenreiter (absolut gerechnet) sind die USA mit 22,05 Billionen Dollar – allein im Jahr 2018 betrug der Schuldenzuwachs 1,15 Billionen Dollar. Zwar sind die USA die größte Volkswirtschaft der Welt, aber die Höhe der Staatsverschuldung überstieg die Wirtschaftsleistung im Jahr 2018 bereits um fast 6 Prozent.

Zum Vergleich: Die Staatsverschulung der EU betrug im Jahr 2018 insgesamt 14,1 Billionen Dollar. Demgegenüber steht für das Jahr 2018 ein BIP von 15,87 Billionen Dollar. Die weltweite Staatsverschuldung betrug Ende 2019 bereits 68,4 Billionen Dollar, das entspricht einer Quote von rund 80,5 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung.


Allerdings ist die Staatsverschuldung innerhalb der EU ungleich verteilt. So lag Griechenland mit 179 Prozent an der Spitze, gefolgt von Italien mit 132 Prozent. Den besten Wert erzielte Estland mit einer Staatsverschuldung von nur 9 Prozent. Die Werte zeigen das Verhältnis der Bruttoverschuldung zum BIP. Bei einem Bruttoschuldenstand von über 60 Prozent kann die EU den Staat theoretisch zu bestimmten Maßnahmen zwingen.


Deutschland hat seine Staatsverschuldung vom Jahr 1970 bis zum Jahr 2020 kontinuierlich nach oben gefahren. In dieser Periode ist die Bruttoverschuldung von umgerechnet 64 Milliarden Euro auf 1,9 Billionen Euro angestiegen. Dem gegenüber steht ein BIP das sich von umgerechnet 360 Milliarden Euro (1970) auf 3,34 Billionen Euro (2018) entwickelt hat. Damit hat sich die relative Staatsverschuldung um 40 Punkte auf rund 57 Prozent verschlechtert.


Die globale Verschuldung ist seit der Finanzkrise von 2008 um rund 70 Billionen Dollar gewachsen. Bezieht man allerdings alle Schulden in die Rechnung mit ein – also zusätzlich noch die Schulden der privaten Haushalte, der Banken und Finanzinstitute sowie der Unternehmen außerhalb des Finanzsektors – so kommt man auf eine Schuldenlast von 250,9 Billionen Dollar, oder 295 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Ergo haben wir uns in dieser Periode sämtliches Wirtschaftswachstum mit Schulden erkauft.

Ein guter Teil der unternehmerischen Kaufkraft ist also auf Kredite zurückzuführen. Damit steht die Wirtschaft auf tönernen Füßen; Wirtschaftssysteme auf Schuldenbasis sind anfällig für Preisblasen. Platzen diese Preisblasen – dabei ist es wahrscheinlich, dass die meisten Blasen in einer Kettenreaktion nacheinander platzen –, dann bricht das Geldsystem in sich zusammen. Man spricht dann auch von einem Finanz- oder Währungscrash. Den Finanzcrash von 2008 dürften viele noch in guter Erinnerung haben. Ob wir beim nächsten Mal wieder so glimpflich davon kommen, ist eine andere Frage...

Fakt ist, das globale Wirtschaftswachstum im 21. Jahrhundert ist schuldenfinanziert. Im Jahr 2000 betrug die globale Verschuldung noch 87 Billionen Dollar; demgegenüber standen 45 Billionen Dollar für Waren und Dienstleistungen. Im Jahr 2019 betrug die weltweite Verschuldung über 250 Billionen Dollar; demgegenüber standen 85 Billionen Dollar für Waren und Dienstleistungen. Somit waren 163 Billionen Dollar Neuverschuldung für ein Wachstum von 40 Billionen Dollar erforderlich. Jeder Dollar Wachstum erzeugte also vier Dollar Schulden. Ob wir von einer einzelnen Blase sprechen, in der sich die Wirtschaft befindet, oder von vielen einzelnen Blasen, die in verschiedenen Bereichen auftreten, sei einmal dahingestellt. We're in the bubble!

Das bisherige Wirtschaftswachstum ist also, ohne eine kontinuierliche Weiterverschuldung, nicht zu halten. Das Geldsystem hält diesem Druck allerdings nicht mehr besonders lange stand. Was auch als nächstes passiert – eine neue Finanzkrise, ein Schuldenschnitt, ein Währungswechsel, oder der vollständige Zusammenbruch des Papiergeldsystems – die Schuldner trifft es doppelt so hart.

Da ein Währungswechsel immer mit einem Schuldenschnitt zugunsten der Staaten einhergeht, muss dieser Schuldenschnitt von den Bürgern und Unternehmen getragen werden. Dazu werden Schulden mit einem höheren Wert, und Vermögen jeweils mit einem geringeren Wert in die neue Währung umgerechnet. Hierzu ein konkretes Beispiel:

Angenommen, ein Unternehmen hätte im Moment des Währungswechsels zwei Millionen Euro Eigenkapital und eine Millionen Euro Fremdkapital (also Schulden). Dann würden aus den zwei Millionen Euro Eigenkapital zum Beispiel 200.000 neue Geldeinheiten werden, und aus den Schulden in Höhe von einer Millionen Euro würden mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls 200.000 neue Geldeinheiten werden. Das Unternehmen hätte nach dem Währungswechsel also plötzlich genauso viele Schulden wie Eigenkapital. Damit sinkt die Eigenkapitalquote von 66,67 auf 50 Prozent. Zusätzlich verschlechtert sich die Bonität des Unternehmens, weil sich die Haftungsmasse für die Gläubiger verringert. Weiteres Fremdkapital zu akquirieren wird, wenn überhaupt, nur zu ungünstigen Konditionen möglich sein. Fehlt in diesem Moment aber die notwendige Liquidität, um das Unternehmen in dieser Situation wieder auf Kurs zu bringen, kann die Situation im schlimmsten Fall zum Verlust der Manövrierfähigkeit führen. Game over.

Die Rede von der Finanzkrise soll hier als das verstanden werden, was das Wort Krise im eigentlichen Sinne bedeutet, nämlich Wendepunkt. Es geht also nicht um den Zusammenbruch der Wirtschaft, sondern vielmehr um eine Marktbereinigung.  Unternehmen mit einem hohen Eigenkapitalanteil sind in so einer Situation deutlich weniger Risiken ausgesetzt. Im Gegenteil, denn solide finanzierte Unternehmen zählen im weitesten Sinne zu den Sachwerten. Die Frage ist nur, wem das Unternehmen gehört. Der Fremdkapitalanteil ist hier der ausschlaggebende Faktor.

Allerdings sind hier auch lediglich theoretisch hergeleitete ökonomische Zusammenhänge dargestellt, die der tatsächlich gegebenen Komplexität des Kapitalmarktes nicht gerecht werden. Darum geht es hier aber auch gar nicht. Mit dem Hinweis auf eine mögliche Finanzkrise soll in erster Linie der Blickwinkel erweitert werden. Zusätzlich soll die Notwenigkeit unterstrichen werden, dass Unternehmen rechtzeitig mit der Einschätzung und Bewertung von Handlungsalternativen beginnen. Bei den Planungen an der Erwartung festzuhalten, dass alles so wie bisher weiter geht, wird der Realität (VUKA-Welt) nicht gerecht. Den Währungswechsel als mögliches Szenario in der Planung zu berücksichtigen, und die eigenen Erwartungen der Entwicklung des Unternehmens und die zu erwartenden Hindernisse damit abzugleichen, ist hingegen nicht verkehrt. Das Steuer herumreißen sollte man allerdings erst dann, wenn die Fakten klar sind. Zutreffend ist hier auf das englische Sprichwort: "Don't cross that bridge till you come to it."

Um den Sachwert nicht zu verwässern, sollten Unternehmen jetzt nicht mit neuen Schulden belastet, und bestehende Schulden abgebaut werden. Für inhabergeführte Unternehmen bietet es sich an, Reserven für die Entschuldung heranzuziehen. Hierzu eignen sich z. B. bestehende Renten- und Lebensversicherungen. Durch eine aktuelle Rechtsprechung können viele Verträge (sogar Rürup-Rentenverträge) widerrufen werden. Das ist ein Glücksfall, denn der Widerruf bringt dem Versicherungskunden mehr als die sonst übliche Kündigung und die anschließende Auszahlung des Rückkaufwertes.


Was kommt nach dem Euro? Der Blick in die Zukunft ist ungewiss, zum einen, da sich die Politik bei solchen Dingen nicht in die Karten schauen lässt. Zum anderen sind die Folgen der Digitalen Transformation für den Arbeitsmarkt noch nicht vollkommen klar. Es könnte also zu einer Währungsreform kommen, aus einer einzigen Währungsunion könnten zwei werden: zum Beispiel der Nord-Euro und der Süd-Euro. Die Rückkehr zu nationalen Währungen war auch bereits im Gespräch. Allerdings spricht auch sehr viel für eine offizielle Kryptowährung, basierend auf der Blockchain-Technologie. Die erste große Volkswirtschaft, die eine Kryptowährung einführt, dürfte China sein. Weltweit beschäftigen sich Zentralbanken mit der Einführung einer digitalen Währung. Seit der Ankündigung von Libra sind die Diskussionen um sogenannte "Central Bank Digital Currencies" (CBDC) noch deutlich lebhafter geworden. Der Vorteil von Kryptowährungen auf Basis der Blockchain-Technologie ist ihre Endlichkeit. Investiert man mit Geld aus einer unendlichen Papiergeld-Währung in eine endliche (also stabile) digitale Währung, so steigt der Wert der neuen digitalen Geldeinheiten im Verhältnis der ursprünglichen Währung proportional zur Inflation. Diesen "Infalationsschutz" kennt man bereits von der Gold-Anlage. Damit werden Kryptowährungen zu einer Alternative im Enterprise-Anlageportfolio.

Wenn Sie zu einzelnen Punkten noch Fragen haben, vereinbaren Sie gerne einen Beratungstermin.
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